Therapie von Schulverweigerern – ein psychotherapeutischer Ansatz

Therapie von Schulverweigerern - ein psychotherapeutischer Ansatz

Schulverweigerung ist häufig kein Ausdruck von Faulheit oder mangelndem Interesse, sondern ein Symptom tieferliegender emotionaler Belastungen. Bei Schulverweigerern wurzelt dies oft in frühen Beziehungserfahrungen. Zwei besonders wirksame körperorientierte Therapieverfahren, Somatic Experiencing (SE) und das Neuroaffektive Beziehungsmodell (NARM), bieten einen integrativen Weg zur Behandlung dieser jungen Klienten.

Somatic Experiencing (nach Peter Levine) fokussiert auf die Lösung von im Nervensystem gebundenen Überlebensreaktionen wie Erstarrung, Flucht oder Kampf. Viele schulvermeidende Kinder und Jugendliche zeigen chronische Anspannung, Rückzug oder psychosomatische Beschwerden – Hinweise auf eine dauerhafte Überaktivierung ihres autonomen Nervensystems. SE hilft, diese Zustände behutsam zu regulieren, ohne dass traumatische Inhalte direkt erneut durchlebt werden müssen. Durch das achtsame Nachspüren körperlicher Empfindungen lernen die Betroffenen, ihre innere Sicherheit und Selbstwahrnehmung wieder aufzubauen. Eine essenzielle Voraussetzung für den schulischen Wiedereinstieg.

Schulverweigerern psychotherapeutisch begegnen

NARM (nach Laurence Heller) ergänzt SE durch den Fokus auf die Entwicklung des Selbst und die Qualität früher Bindungserfahrungen. Viele Schulverweigerer tragen implizite Glaubenssätze wie „Ich bin nicht richtig“ oder „Ich bin zu viel“, die sie in sozialen oder leistungsbezogenen Kontexten wie Schule überfordern. NARM arbeitet mit diesen tiefen Überlebensstrategien, ohne in ein langes „Aufarbeiten“ der Vergangenheit zu verfallen. Stattdessen liegt der Fokus auf der gegenwärtigen Selbstregulation, Kontaktfähigkeit und Identitätsentwicklung. Das stärkt Selbstwirksamkeit und emotionale Resilienz.

In Kombination ermöglichen SE und NARM eine sanfte, aber tiefgreifende Bearbeitung der Ursachen von Schulverweigerung. Zentral ist dabei ein sicherer therapeutischer Raum, in dem junge Menschen wieder lernen, mit sich selbst in Kontakt zu treten, ihre Bedürfnisse wahrzunehmen und sich in Beziehung zu anderen – inklusive der schulischen Umwelt – zu erleben. Der Therapieprozess sollte eng mit Eltern, Schule und ggf. Jugendhilfe abgestimmt werden, um systemische Belastungsfaktoren zu erkennen und integrativ zu begegnen. Diese Herangehensweise würdigt die schulvermeidenden Symptome nicht als Problemverhalten, sondern als Ausdruck eines inneren Ungleichgewichts, das durch bewusste therapeutische Begleitung transformiert werden kann.

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