Einsatzmöglichkeiten und Grenzen von EMDR in der Psychotherapie

Einsatzmöglichkeiten und Grenzen von EMDR in der Psychotherapie

Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) ist ein etabliertes psychotherapeutisches Verfahren, das ursprünglich für die Behandlung von posttraumatischen Belastungsstörungen entwickelt wurde. Es hilft insbesondere bei klar umrissenen traumatischen Erlebnissen – wie Unfällen, Überfällen, Naturkatastrophen oder belastenden medizinischen Eingriffen. Die bilaterale Stimulation (meist durch Augenbewegungen) unterstützt das Gehirn dabei, festgefahrene Erinnerungen zu verarbeiten und in einen weniger belastenden Kontext einzuordnen. Viele Klienten berichten nach EMDR von einer deutlichen Entlastung, da die emotionale Intensität der Erinnerung abnimmt und sie besser in den Alltag integriert werden kann. Auch bei spezifischen Phobien, Leistungsblockaden oder traumabezogenen Ängsten zeigt EMDR gute Wirksamkeit.

EMDR kann manchmal nicht das Richtige sein

Allerdings stößt EMDR dort an Grenzen, wo die Traumatisierung weniger in einem einzelnen Ereignis, sondern in frühen, langandauernden Bindungserfahrungen wurzelt. Etwa bei chronischer Vernachlässigung, toxischen Beziehungen oder fehlender emotionaler Resonanz in der Kindheit. In solchen Fällen kann eine zu schnelle Konfrontation mit belastendem Material überfordern und zu Retraumatisierung führen. Ebenso ist EMDR bei stark fragmentiertem Selbstbild, hoher Dissoziationsneigung oder fehlender Stabilisierung oft nicht angezeigt.

Hier bieten sich körperorientierte Verfahren wie Somatic Experiencing (SE) oder das Neuroaffektive Beziehungsmodell (NARM) an. SE arbeitet primär über die Regulation des autonomen Nervensystems. Klienten lernen, Anspannung und Erstarrung schrittweise zu lösen und ein Gefühl innerer Sicherheit aufzubauen, bevor traumatische Inhalte bearbeitet werden. NARM wiederum legt den Fokus auf die Arbeit mit Bindungstraumata und den daraus entstandenen Überlebensmustern. Statt alte Erfahrungen detailliert durchzuspielen, stärkt es Selbstverbindung, Kontaktfähigkeit und Authentizität im Hier und Jetzt.

Auch das Safe and Sound Protocol (SSP), ein auf Polyvagal-Theorie basierendes Hörprogramm, kann hilfreich sein, wenn das Nervensystem dauerhaft in Alarmbereitschaft ist. Durch gezielte akustische Stimulation wird die soziale Kontaktfähigkeit gestärkt. Und das Gefühl von Sicherheit im Körper erhöht – eine wichtige Basis, bevor tiefere Traumaarbeit überhaupt möglich ist.

EMDR ist besonders wirksam bei klar abgegrenzten Schocktraumata, während bei komplexen Entwicklungs- und Bindungstraumata oft SE, NARM oder SSP besser geeignet sind, da sie sanfter, ressourcenorientierter und stärker regulierend wirken. Eine sorgfältige Diagnostik und individuelle Anpassung des Verfahrens sind entscheidend, um nachhaltige Heilung zu ermöglichen. Wenn Sie sich unsicher sind, dann vereinbaren Sie bitte einen Beratungstermin mit mir.

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