Lassen Sie uns über Schock reden. Wir sind – wenn ich meiner Umwelt zuhöre – ja ziemlich oft geschockt. Doch was ist ein Schock eigentlich? In meiner Definition alles, was unerwartet in meinem Leben passiert und ich nicht mehr mit meinen bekannten Mechanismen der Bewältigung adäquat darauf reagieren kann.
Dabei ist ein Schockerlebnis höchst individuell und von Mensch zu Mensch, abhängig von seiner aktuellen Erfassung zum Zeitpunkt des Erlebnisses, verschieden. So kann ein Schockerlebnis bei Kleinkindern ein Kaiserschnitt oder eine schwierige und langwierige Geburt sein. Die plötzliche Trennung von der Mutter, das Erleben von Hektik, Lautstärke usw. im Kreissaal können ein kleines Trauma auslösen.
Oder, um bei Kindern zu bleiben, der erste Arztbesuch. Das zwanghafte Festhalten / Fixieren des Kindes während einer Untersuchung oder einer frühen Operation kann einen solchen Schock auslösen.
Bei Erwachsenen sind es Unfälle, Sportverletzungen, die plötzliche Entlassung oder eine Trennung im Partnerschaftlichen Bereich. Alles, was plötzlich und unerwartet geschieht und ich nicht mehr adäquat darauf reagieren kann.
Schock und Schockerlebnisse können tief und lang nachwirken
Dabei haben wir Menschen sehr oft auch die Fähigkeit verloren, damit umzugehen. Ein Hund zum Beispiel schüttelt sich und/oder gähnt und verarbeitet so etwas Unerwartetes. Wann haben Sie ein solches Verhalten zuletzt bei einem Menschen gesehen?
Wir Erwachsenen versuchen das Erlebnis dann sehr oft mit Rationalisieren zu kompensieren, Kinder verarbeiten einen Schock oft durch für die Umwelt unerklärliche Verhaltensweisen. Die Auswirkungen bei Kompensation / Verdrängung können sich auch in unerklärlichen Ängsten, Depression und immerwährenden Grübeleien, Schlafstörungen, Anpassungsstörungen, unerklärlicher Wut, Unruhe und Misstrauen gegen alles zeigen.
In einer meiner Ausbildungen – Somatic Experiencing – geht es vor allem um die Verarbeitung von Schocktraumen, denen wir im Leben nicht ausweichen können. Unerwartete Veränderungen gehören nun mal zum Leben dazu. Sind also normal. Und ich verstehe meine Arbeit unter anderem so, dass ich meinen Klienten helfe, mit dem Unvermeidbaren besser umzugehen.
Das kann damit beginnen, sichere Plätze zu finden, an denen man sich wieder stabil und geschützt fühlt. Oder überhaupt erst einmal aufzuzeigen, dass es nach dem Schockerlebnis gut weiter gegangen ist, weil sonst säßen mir die Klienten ja nicht gegenüber. Um darauf aufbauend den eigenen Werkzeugkasten zu erweitern, um in Zukunft vielleicht besser mit dem Unvermeidbaren umzugehen.