Angst vor Operation – was nun?

Angst vor Operation - was nun?

Operationen sind für viele Menschen hochbelastende Ereignisse – nicht nur körperlich, sondern auch emotional. Das Gefühl, ausgeliefert zu sein, keine Kontrolle zu haben und sich in fremde Hände begeben zu müssen, kann starke Angst oder sogar traumatische Reaktionen auslösen. Besonders nach schwierigen oder schmerzhaften Eingriffen, Komplikationen oder dem Erleben von Hilflosigkeit während der Narkose entwickeln manche Menschen eine anhaltende Angst vor zukünftigen Operationen. Aus psychotherapeutischer Sicht ist es wichtig, diese Reaktionen als verständliche Schutzmechanismen des Nervensystems zu verstehen, nicht als Schwäche.

Ein erster Schritt ist die Psychoedukation. Der Therapeut erklärt, dass die Angst eine natürliche Reaktion auf Kontrollverlust und potenzielle Bedrohung ist. Allein dieses Verständnis entlastet viele Betroffene und reduziert Schamgefühle. Anschließend wird gemeinsam erkundet, welche konkreten Situationen oder Gedanken die Angst auslösen. Etwa das Warten vor dem OP-Saal, die Vorstellung der Narkose oder die Erinnerung an Schmerzen danach.

Eine Operation muss nicht belastend sein

Körperorientierte Ansätze wie Somatic Experiencing (SE) können hier besonders hilfreich sein. In SE wird das Nervensystem behutsam darin unterstützt, unausgeglichene Überlebensreaktionen – wie Erstarrung, Fluchtimpulse oder Übererregung – zu regulieren. Der Klient lernt, Anspannung wahrzunehmen, sie zu dosieren und schrittweise wieder Sicherheit im eigenen Körper zu empfinden. So kann das Nervensystem die alte Bedrohungserfahrung „nachverarbeiten“.

Ergänzend können beziehungsorientierte Methoden wie NARM (Neuroaffektives Beziehungsmodell) eingesetzt werden, um Gefühle von Ohnmacht, Kontrollverlust oder Misstrauen, die durch medizinische Eingriffe reaktiviert werden, im therapeutischen Kontakt zu bearbeiten. Ziel ist es, im Hier und Jetzt wieder ein Gefühl von Selbstwirksamkeit und innerer Kontrolle zu entwickeln.

Vor anstehenden Operationen kann die Therapie auch mentale und körperliche Vorbereitung beinhalten. Etwa Atemübungen, Imaginationsübungen zur inneren Sicherheit oder das Einüben von Ressourcenbildern, die in der Klinik abgerufen werden können.

Durch diese ganzheitliche Herangehensweise wird der Klient befähigt, die Angst nicht zu verdrängen, sondern sie zu regulieren und sich selbst in medizinischen Ausnahmesituationen stabiler zu erleben. Das fördert Vertrauen, innere Ruhe und eine deutlich bessere Verarbeitung sowohl vor als auch nach einer Operation.

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